Klimaschutz – Mobilitätswende – Kita-Ausbau

Die Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Bündnis 90/Die Grünen, Stefan Gruber zur Verabschiedung des Haushalts 2023 der Stadt Landshut:

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, verehrte Kolleginnen und Kollegen,sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, liebe Gäste,

wir verhandeln heute den Haushalt unserer Stadt Landshut für das Haushaltsjahr 2023. Einem Jahr, das immer noch mit großen Herausforderungen aufgrund der internationalen Situation verbunden ist. Einem Jahr das unverändert von den Spätfolgen der Corona-Zeit gezeichnet ist. Und einem Jahr, indem wir unseren Haushalt zwar ausgeglichen darstellen können, aber berechtigte, politische Diskussionen führen, wie der Haushalt gestaltet werden soll. Wir werden Ihren Forderungen aus den vergangenen Wochen nicht folgen, dass wir uns einfach der Mehrheitsmeinung dieses Hauses anschließen sollen.

„Nein es ist unser Recht als „Opposition“ unsere Ziele in die Arbeit des Stadtrates einzubringen und diese Schwerpunktsetzung auch zu verteidigen. Das ist nicht nur gut so, sondern auch ein grundlegender Bestandteil der Demokratie, den wir uns auch nicht nehmen lassen.“

Stefan Gruber

Und der Haushalt ist auch nicht nur eine Willensbekundung der Verwaltung, was umgesetzt werden kann  –  wie Sie es, Herr Oberbürgermeister, in der Sitzung des Haushaltsauschusses bezeichnet haben  –  Haushalt ist Politik in Zahlen und darf sich nicht nur auf „wir verwalten unsere Stadt“ beschränken, sondern muss auch in die Zukunft gewandte Akzente setzen!

Die Einstellung von Mitteln für die kinderfreundliche Kommune und den Jugendbeirat sehen wir als positive Entwicklung für das Jahr 2023. Es bringt zum Ausdruck, dass wir nicht nur den Titel „kinderfreundliche Kommune“ tragen wollen, sondern diese auch umsetzen wollen. Im Rahmen dieser Diskussion dürfen wir allerdings nicht aus dem Auge verlieren, dass wir im Bereich der ganztägigen Kinderbetreuung noch einige Herausforderungen meistern werden müssen. Dieses auf die lange Bank zu schieben, wäre verheerend. Deswegen muss im Jahr 2023 in den zuständigen Gremien weiterhin beraten werden, wie wir dem Mangel an Betreuungsplätzen, geschuldet durch den Fachkräftemangel und durch fehlende Einrichtungen, entgegenwirken können.

Im Kulturbereich begrüßen wir es sehr, dass für den Weiterbau des Stadtmuseums im ehemaligen Franziskanerkloster Mittel eingestellt wurden. Damit kann die Fertigstellung der Sanierungsmaßnahmen und damit die Realisierung eines Stadtmuseums, das den Namen auch verdient, bis 2026 möglich sein. Ein erfolgreiches Zusammenspiel mit Vorstand und Kuratorium des Freundeskreises Stadtmuseum, sowie der Verwaltung. Auch in Sachen Stadttheater im Bernlochner konnten wir aufgrund des Einwirkens verschiedener Akteure eine Beschleunigung der Umsetzung während der Haushaltsberatungen erzielen. Dies ist auch der kritischen Auseinandersetzung im Bausenat geschuldet. Es ist gut, dass wir eine Unterbrechung der Planungszeit weitestgehend ausschließen konnten. Denn noch mehr Zeitverzögerung würde nur noch für eine weitere Verteuerung sorgen. Immerhin müssen wir mittlerweile eine Baukostensteigerung von 43% hinnehmen. Wie wichtig das Thema für die Bürgerinnen und Bürger Landshuts ist, sehen wir regelmäßig an den Leserbriefen und Initiativen (zuletzt zur Zwischennutzung des Gebäudes) gestartet werden.

Dies sollte uns ein Zeichen sein, dass wir gemeinsam als Stadtrat den Weg zu einem Theater an dem Standort, wo es hingehört, gehen: In die Innenstadt, an den bewährten Standort  –  in unseren Bernlochner!

Und ich möchte an der Stelle noch einmal an die beschränkte Laufzeit des Theaterzeltes erinnern und daran, dass der zweite Bauabschnitt – nämlich der Neubau – bereits beschlossen wurde. Es ist durchschaubar, Herr Oberbürgermeister, dass Sie das Thema für Herrn Haslinger als OB-Kandidaten der CSU, bereits heute abräumen wollen. Sind Sie sich sicher, dass in der Presseberichterstattung hinter Ihrem Namen „parteilos“ stehen kann? Ich würde hier eher „CSU“ sehen!

Soweit die positiven Aspekte zu den diesjährigen Haushaltsberatungen. Leider überwiegen aus unserer Sicht die Fehlentwicklungen in diesem Haushalt, bzw. wird ein Stillstand zum Ausdruck gebracht. Für die dringend notwendige Mobilitätswende sind zu wenige Mittel im Haushalt 2023 dargestellt. Leider wird von der Stadtratsmehrheit an Projekten festgehalten, die aus der Zeit gefallen sind. An erster Stelle sei hier nochmals die Westtangente erwähnt. Denn die Auseinandersetzung im Haushaltsausschuss verdient sehr wohl nochmal einige Bemerkungen: Herr Dr. Haslinger meinte: „Wir halten an der Planung fest“.Schön Hr. Haslinger, wenn Sie ihre in der Hanns-Seidel-Stiftung angelernten Plattitüden regelmäßig anbringen können. Das zeigt aber, wie unkritisch sie sich mit gesellschaftlichen Entwicklungen in unserer Zeit auseinandersetzen und sich mit einem „Weiter so“ zufrieden geben. Und Herr Oberbürgermeister, der seinem Ziehsohn dann sofort zur Hilfe springen musste mit der Aussage: „Wir wollen Planungsreife erlangen!“ Was bitte erreichen Sie mit einer Planungsreife, wenn Ihnen das Geld für die Realisierung des Projektes fehlt und einer Asphaltschneise durch die Isarauen nachhängen, die heute nicht mehr dem Willen der Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger entsprechen wird. Sie sollten doch wissen, Herr Putz, dass Straßenbauprojekte nicht auf Sand gebaut werden können. Im Gegenzug werden aber Mobilitäts-Projekte im Haushalt nicht dargestellt, die eine schnelle Verbesserung für unsere Bürgerinnen und Bürger bringen würden. So sind für die Umsetzung des Nahverkehrsplans im Jahr 2023 keine Mittel eingestellt und in 2024 nur 150.000 EUR.

„Dies bedeutet, dass der Nahverkehrsplan, der aktuell im Stadtrat diskutiert wird, erst im Jahr 2025, also mit weiteren zwei Jahren Verzögerung – und damit frühestens 7 ½ Jahre nach dem erfolgreichen Bürgerentscheid „Busse Baby“ umgesetzt werden kann. Das ist ein klares Zeichen von Missachtung des Bürgerwillens.“

Ein Bürgerbegehren das rein aus monetären Gründen niemals zum Zuge kommen wird, wird künstlich am Leben gehalten. Ein Bürgerbegehren das schnell umgesetzt werden kann, wird unnötig in die Länge gezogen. Wir fordern unverändert die Verbesserung des ÖPNV jetzt und zwar mit innovativen Ideen! Anstatt Busfahren in Landshut attraktiver zu machen, und mit der Umsetzung des Bürgerentscheids endlich voran zu kommen, beschäftigt sich die Stadt lieber mit einer Anbindung an den MVV, einer S-Bahn und einer Taktverdichtung nach München. Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass wir bereits heute zu den Pendler-Spitzenzeiten einen 20-min-Takt haben? Beim Landshuter Stadtbus sind wir weit davon entfernt!

Leider hält die Stadtratsmehrheit auch an einer eindimensionalen Betrachtung im innerstädtischen Verkehr fest. Nämlich am Auto. Beim Thema Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer, also auch Radfahrer und Fußgänger, sind wir uns  –  zumindest darf ich das Ihren Worten eben entnehmen  – theoretisch wohl einig, Herr Oberbürgermeister. In der Praxis sieht es allerdings völlig anders aus, denn für die Verbesserung der Radinfrastruktur finden sich nur sehr dürftig Mittel im Haushalt. So ist die Erneuerung und Verbreiterung des Hammerbachsteges erst ab dem Jahr 2027 vorgesehen. Die Umsetzung muss jetzt sein! Damit kann eine wichtige Radverkehrsroute vom Westen in Richtung Innenstadt viel attraktiver gestaltet werden und damit ein Nutzerwechsel vom Auto auf das Fahrrad erreicht werden. Um diese und andere Überlegungen in Sachen Radverkehr zu beschleunigen, halten wir an der Forderung fest, eine Stelle zur Radverkehrsplanung in der Verwaltung zu schaffen. Wir benötigen keinen „Plan zur Erhaltung der autogerechten Stadt“ ganz nach dem Motto : “Erstens: Das haben wir schon immer so gemacht! Zweitens: Das haben wir noch nie so gemacht!” Nein – wir brauchen einen Zukunftsplan Fahrradstadt Landshut.

Nicht nur Mobilitätspolitik wird vorrangig in den Kommunen gemacht, auch Klimapolitik findet in unseren Städten und Gemeinden statt. Maßnahmen, die die Folgen des Klimawandels auffangen oder mildern können, müssen deshalb genau hier entwickelt und umgesetzt werden. Wie wichtig Maßnahmen zur Klimaanpassung sind, zeigt das jüngst im Umweltsenat vorgestellte Klimaanpassungskonzept. Hieraus einige Feststellungen:

  • Die menschliche Gesundheit und das allgemeine körperliche Wohlbefinden werden stark durch klimatische Faktoren beeinflusst. Schon heute wird die Landshuter Bevölkerung während Hitzeperioden belastet. Dies gilt vor allem für vulnerable Gruppen, z.B. alte Menschen, Kleinkinder und Kranke. Die Landshuter Rettungsdienste, Krankenhäuser und Ärzte sind während Extremereignissen spürbar stärker ausgelastet.
  • Die städtischen Grünflächen, Straßenbäume und Parks in Landshut haben unter den Witterungsbedingungen der letzten Sommer vielerorts in besonderem Maße gelitten. Vor allem Trockenstress, Hitze und Schädlinge machten dem Grün in der Stadt zu schaffen.
  • Die Temperaturveränderungen haben bereits erhebliche Auswirkungen auf die Gewässer in Landshut. So wurde in der Vergangenheit beobachtet, dass die Wasserführung in den Oberflächengewässern saisonal stärkeren Schwankungen unterlag als früher und dass es in den heißen und trockenen Sommermonaten vereinzelt zum temporären Austrocknen von (vorrangig kleineren) Oberflächengewässern kam.

Dies sind nur drei Auswirkungen des Klimawandels für uns in Landshut. Sie beschreiben aber sehr eindringlich, dass wir gefordert sind, schnell und mit aller Entschiedenheit mit Klimaschutz– und Klimaanpassungs-maßnahmen zu beginnen. Dass Sie, Herr Oberbürgermeister, die Dringlichkeit für Klimaschutzmaßnahmen nicht sehen, bewiesen Sie heute erneut. Sie haben zwar die Sturzflutereignisse erwähnt und hier  –  sehr berechtigt –  den Blaulichtorganisationen gedankt. Die Ursache dafür, nämlich den fortschreitenden Klimawandel, ließen Sie unerwähnt. Deswegen sehen wir uns bestärkt darin, dass wir unseren Antrag auf Schaffung einer Stabsstelle „Klimaschutz und Klimaanpassung“ unverändert aufrecht halten. Wir fordern Sie auf: Nutzen Sie, Herr Oberbürgermeister als Leiter der Verwaltung ihre Möglichkeit, federführend in unserer Stadt, sich für Klimaschutz- und Klimaanpassung verantwortlich zu zeigen! Die Diskussion um das Bürgerbegehren „Fußgängerzone in der unteren Neustadt“ wird uns in diesem Hause sicher in den kommenden Wochen ausreichend beschäftigen.

Wahrscheinlich gehen die Überlegungen der Stadtratsmehrheit aber nur in die Richtung „Erhalt eines jeden Parkplatzes, koste es was es wolle!“ Ich lade sie ein Ihre Fantasie spielen zu lassen, was alles in einer Fußgängerzone Neustadt entstehen kann.“

  • Aufenthaltsbereiche mit Beschattung, indem mobiles Grün und Sitzbänke aufgestellt werden (der Wochenmarkt kann deswegen trotzdem stattfinden),
  • Brunnen oder Wasserläufe die für eine Abkühlung im Sommer sorgen,
  • Anspruchsvolle Gastroflächen die nicht durch Stoßstangen begrenzt werden, sondern den Namen Gastronomie im Außenbereich auch verdienen,
  • Schaffung von attraktivem Wohnraum in der historischen Kernstadt ohne Autoverkehr,
  • Beruhigung der Neustadt, indem Durchgangsverkehre gemindert werden,

Das sind alles Punkte, die auch im Bereich der Klimaanpassung betrachtet werden müssen und zur Verbesserung des Stadtklimas beitragen. Lassen sie uns gemeinsam beweisen, dass wir Landshut tatsächlich als einen urbanen Raum im Jahr 2023 verstehen und nicht wieder nach dem Leitsatz agieren: „des hamma no nia ned so g’macht!“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Vertreter:innen der Verwaltung,

im Jahr 2022 haben wir m.E. einen negativen Höhepunkt in der Zusammenarbeit bzw. Kommunikation zwischen Stadtrat und Verwaltung gesetzt. Ich nehme mich hier bewusst nicht aus, da ich in einigen Punkten harsche Kritik an der Verwaltung geübt habe. Aber lassen sie uns aus diesen Erfahrungen lernen. Stärken wir die Kommunikation miteinander. Sie mit uns Stadträt:innen, aber auch mit den Fraktionen und Gruppen. Ein Oberbürgermeister sollte hier als Moderator, als Schlichter agieren und nicht die Fraktionen und Gruppierungen in der Opposition ausgrenzen. In Bayern heißt es so schön: „Mit’m reden kemman d‘ Leid zam!“ Der aktuelle Trend, dass telefonische Anfragen von Referenten unbeantwortet bleiben oder Stadträt:innen abgewiesen werden, darf nicht zum Dauerzustand werden. Wir sind ein Kollegialorgan. Und als das müssen wir auch agieren. Und sehen wir in Auftrag gegebene und erstellte Gutachten als Chance an. Als Chance, Expertenmeinung von außen zu bekommen, die uns weiter bringt bei einer zukunftsgewandten Entwicklung Landshuts. Dazu müssen Studien und Gutachten aber auch ergebnisoffen dem Stadtrat präsentiert werden und nicht bereits in einer bereinigten Variante, in der die Handlungsempfehlungen bereits von der Verwaltung vorselektiert werden.

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren der Verwaltung, an der Spitze die Referatsleiter und die Leiter und Geschäftsführer der Gesellschaften, trotz mancher Kritik während des letzten Jahres und auch in der Rede heute, bedanke ich mich für die geleistete Arbeit im vergangenen Jahr. Herrn Peissinger und Herrn Wagensonner und ihrem Team der ausdrückliche Dank für die Vorbereitung dieser Haushaltsberatungen. Dieser Dank ist aber auch verbunden mit der Bitte, dass Kritik von unserer Seite an den Haushaltsentwürfen der Verwaltung nicht persönlich genommen wird.

Unsere Haushaltsüberlegungen geschehen aus politischen Überlegungen:

  • Wir wollen andere Schwerpunkte sehen.
  • Wir tragen manche Haushaltsbestandteile nicht mit.
  • Wir wollen gestalten und nicht nur verwalten.

Es wäre gut, wenn dies für den Haushalt 2024, den wir dann mit Ihnen, sehr geehrter Herr Wagensonner, als Kämmerer verhandeln werden, diese Gedanken uns einen.

Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen lehnt den Haushalt 2023 ab, da wir davon ausgehen, dass in den nachfolgenden Abstimmungen

  • die Westtangente unverändert weiter geplant wird,
  • unsere Anträge zu Maßnahmen des Klimaschutzes und zur Klimaanpassung abgelehnt werden,
  • Mittel für Schritte zu einer echten Mobilitätswende ebenso abgelehnt werden

Herzlichen Dank

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